«Wer Bananen isst, verdient etwas Besseres»

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Cavendish-Monokultur«Wer Bananen isst, verdient etwas Besseres»

Von 1500 Bananensorten liegt weltweit nur die Cavendish in den Supermärkten. Doch ausgerechnet die ist vom Aussterben bedroht. Nun muss dringend Ersatz her.

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Pilzbefall bedroht die weltweit gängigste Bananensorte Cavendish. Die Cavendish ersetzte einst die bis in die 1960er-Jahre vertriebene Sorte Gros Michel, die von der Panamakrankheit dezimiert wurde.

Cavendish ist zwar resistent gegen den Pilzstamm TR1, der Gros Michel heimgesucht hatte, kann sich aber des Stammes TR4 (Tropical Race 4) nicht erwehren. Schuld an der verheerenden Auswirkung der Infektion ist der Anbau in Monokulturen.

Schuld ist die Uniformität

«Damit die mechanische Verarbeitung funktioniert, braucht man Standardisierung», erklärt der nigerianische Pflanzengenetiker Chikelu Mba. Daher konzentriere sich der Massenanbau nur noch auf wenige Pflanzensorten.

«Wenn du eine Erntemaschine in dein Feld schickst, dann willst du Pflanzen da stehen haben, die auf dieselbe Höhe wachsen, am selben Tag reif sind und so weiter. Diese Uniformität gefährdet unser Nahrungssystem, weil schon eine einzelne Krankheit alles ausrotten kann.»

Die beliebte Frucht könnte bald nicht mehr vorhanden sein.

Um die Zukunft der Banane ist es schlecht gestellt. (Video: Tamedia/Vizzr)

Zäher Pilz

Das bestätigt ein Papier der UNO-Welternährungsorganisation (FAO). «Das Problem mit TR4 besteht darin, dass es bisher keine wirksamen Möglichkeiten der Ausrottung gibt», heisst es darin.

Der Pilz könne Jahrzehnte in der Erde überleben. Nach seiner ersten Entdeckung in den 1990er-Jahren in Südostasien breitete sich TR4 auch in Afrika und im Nahen Osten aus. Vernichtend wäre es, sollte der Pilz auch den weltweit grössten Bananenproduzenten Indien erreichen oder das grösste Exportland Ecuador.

Gigantische Produktion

Laut FAO hat sich die Bananenproduktion in den vergangenen 50 Jahren mehr als vervierfacht – 2013 waren es 107 Millionen Tonnen. Doch es fehlt an Vielfalt. Nach Schätzungen des Forschungsinstituts Bioversity International gibt es rund 30'000 essbare Pflanzenarten auf der Welt. Vier davon – Weizen, Mais, Reis und Soja – nähmen derzeit 50 Prozent der weltweiten Anbauflächen ein.

«Verschiedene historische Beispiele zeigen, warum die genetische Vielfalt von Pflanzen wichtig ist. Das ist ähnlich wie bei Spareinlagen auf der Bank», sagt Stefano Padulosi.

Ein Finanzberater werde einem Kunden immer raten, seine Investitionen breit zu fächern. Die Grosse Hungersnot in Irland im 19. Jahrhundert mit rund einer Million Toten sei unter anderem darauf zurückzuführen gewesen, dass der Erdapfelanbau des Landes weitgehend auf einer einzigen Sorte basiert habe, die von einer Krankheit zerstört wurde.

Lösung muss her

Von den 1500 registrierten Bananensorten dürfte wohl keine als direkter Ersatz für die Cavendish infrage kommen. «Die Banane, die wir konsumieren und lieben, ist bedroht», sagt der nigerianische Pflanzengenetiker Chikelu Mba. «Das sollte jedoch kein Grund zur Verzweiflung sein.» Vielmehr sollte es ermutigen, neue krankheitsresistente Sorten zu züchten, die vielleicht sogar nahrhafter sein könnten, meint der Forscher.

Der ugandische Agrarwissenschafter Edie Mukiibi favorisiert dagegen traditionellere Methoden. Kleinbauern in seinem Land hätten die Welkekrankheit etwa durch Quarantänemassnahmen in den Griff bekommen, sagt Mukiibi, der sich als Vizepräsident von Slow Food International für eine lokale Gastronomie und nachhaltige Landwirtschaft einsetzt.

In jedem Fall müsse die Cavendish-Monokultur durch eine grössere Vielfalt von Bananen ersetzt werden, sagt er. «Die Menschen, die Bananen essen, verdienen etwas Besseres als das, was sich derzeit in europäischen oder amerikanischen Regalen findet.» (fee/sda)

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